Kommt es zur Verurteilung, so macht es einen wesentlichen Unterschied, ob das Gericht auf Mittäterschaft oder Beihilfe erkennt. Die Grenzen sind teils schwer auszuloten. Gerade im Betäubungsmittelstrafrecht schließen Gerichte jedoch selbst von untergeordneten Tatbeiträgen auf eine Mittäterschaft, was im Vergleich zu einer Verurteilung als Gehilfe zu einer erhöhten Strafe führt. In einem Fall, der erstinstanzlich vor dem LG Frankfurt verhandelt wurde, hat der BGH dies nun nicht gelten lassen und das Urteil aufgehoben.
Der Fall (BGH vom 17.03.2021, Az.: 2 StR 21/21): Der Angeklagte war vom Landgericht Frankfurt am Main zu fünf Jahren Freiheitsstrafe wegen der unerlaubten Einfuhr von und dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Mittäterschaft verurteilt worden. Er war 2019 mit dem vormals Mitangeklagten P. nach Spanien gereist, um, so das Landgericht, entsprechend eines gemeinsamen Tatplans Cannabis zu kaufen und nach Deutschland zu importieren. P. war jedoch derjenige, der Gespräche mit Verkäufern führte, die Anlieferung koordinierte und über einen ehemals vormals angeklagten Mittelsmann die Übergabe von knapp 54 Kilogramm Marihuana organisierte. Bei der Übergabe der Drogen durch den Mittelsmann an P. wurden die Beteiligten schließlich festgenommen. Der Angeklagte selbst befand sich zu dem Zeitpunkt im Hotel. Er war somit nicht nur nicht am Tatort anwesend, auch beschränkte sich seine Beteiligung an der Tat darauf, dass P. sich bei der Koordinierung des Geschäfts mit ihm abgesprochen hatte und er mit P. gemeinsam den Treffpunkt für die Abwicklung des Geschäfts erkundet hatte. Dennoch verurteilte das Landgericht ihn als Mittäter, und nicht als bloßen Gehilfen, was zu einer Minderung des Strafmaßes geführt hätte.
Diese Einschätzung teilt der Bundesgerichtshof nicht und hob das Urteil auf: Das Landgericht habe nicht belegt, dass der Angeklagte als Mittäter gehandelt habe.
Mittäterschaft umfasst Fälle, in denen ein Tatbeteiligter nicht alle Tathandlungen selbst erbringt, ihm aufgrund eines gemeinsamen Tatplanes und arbeitsteiligen Zusammenwirkens jedoch die Tatbeiträge anderer zugerechnet werden. So können im Einzelfall selbst nicht am Tatort anwesende Beteiligte als Täter verurteilt werden — grundsätzlich also auch in Fällen, in denen, wie hier, der Angeklagte nicht einmal bei der Übergabe von Drogen anwesend ist und das Geschäft nicht selbst vereinbart hat. Dementsprechend hoch sind jedoch auch die Anforderungen an eine solche Verurteilung, und diese sah der BGH im vorliegenden Fall nicht als erfüllt an. Zwar müsse nicht jeder Mittäter am „Kerngeschehen“ mitwirken und insbesondere Betäubungsmittel nicht eigenhändig ins Inland verbringen, um für die unerlaubte Einfuhr als Täter verantwortlich zu sein. Es genügten auch Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlungen. Jedoch müsse sich die Mitwirkung nach der Willensrichtung als Teil der Tätigkeit aller darstellen und sich nicht in einer bloßen Förderung fremden Tuns erschöpfen. Um dies zu bestimmen, sind das Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft sowie der Wille zur Tatherrschaft relevant. Im Ergebnis muss die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des jeweiligen Beteiligten abhängen.
Diese Kriterien sind nicht neu, sondern entsprechen der ständigen Rechtsprechung zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe. Gerade im Betäubungsmittelstrafrecht neigen Gerichte teils jedoch dazu, aufgrund von noch so untergeordneten Tatbeiträgen auf eine Mittäterschaft zu schließen. Auch hier hatte das LG Frankfurt die Verurteilung allein darauf gestützt, dass der Angeklagte den P. nach Spanien begleitet hatte, den Übergabeort mit ausgekundschaftet hatte und der P. sich stets des Einverständnisses des Angeklagten versicherte. Insbesondere, so der BGH, könne man aber nicht aus letzterem schließen, dass P. stets die Billigung des Angeklagten benötigte. Zudem versäumte es das LG, ein eigenes Interesse des Angeklagten an der Tat nachzuweisen — es schilderte nicht einmal, ob er an den Umsätzen im Inland beteiligt werden sollte.
Der BGH verwies den Fall somit zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurück. Für diese wies der Bundesgerichtshof vorsorglich auch darauf hin, dass nicht nur die Abgrenzung zwischen Täterschaft und bloßer Teilnahme besser geprüft werden müsse, sondern auch die Beweiswürdigung besonders kritisch erfolgen müsste: Das Landgericht hatte seine Feststellungen maßgeblich auf Aussagen des vormals Mitangeklagten P. gestützt. Dieser hatte sich jedoch im Rahmen einer Verständigung eingelassen. In einer solchen Konstellation bestehe stets die Gefahr, dass der ehemals Angeklagte bei einer späteren Zeugenaussage nur deshalb bei seiner Aussage bleibe, um sich nicht in Widerspruch zu den für ihn vorteilhaften Angaben in seinem eigenen Verfahren zu setzen.
Der Beschluss des Bundesgerichtshof zeigt einmal mehr, dass sich die Strafverteidigung bei der Entscheidung der Einlegung und/oder der Begründung einer Revision akribisch mit elementaren Grundsätzen der strafrechtlichen Dogmatik auseinandersetzen muss. Es zeigt sich eine zunehmende Tendenz der Gerichte im Betäubungsmittelstrafrecht die Abgrenzung Beihilfe/Mittäterschaft weiter aufzuweichen, was nur durch eine Korrektur der Revisionsinstanz behoben werden kann.